Bericht 17 Botswana
Kilometer 56500 – 58100
Fahrstunden 953 – 980
Reisewoche 77
19.02.22 – 26.02.22
1600 Kilometer gefahren in 26 Stunden auf 8 Tagen.
Wir überqueren die Grenze zu Botswana bei Plumtree. Es ist die erste Grenze überhaupt an der wir keinen Covid Test nachweisen müssen. Dies gilt für alle, die geimpft sind. Dementsprechend zügig sind wir schließlich auch drüber. Mit dem Impfzertifikat als Freifahrtschein haben wir schnell unsere Stempel im Pass. Ein Visum für Botswana brauchen wir ebenfalls nicht. 90 Tage Aufenthaltserlaubnis gibt es einfach so. Die werden wir aber nicht benötigen. In Botswana sind wir mehr oder weniger nur auf der Durchreise. Wir haben es etwas eiliger als sonst, denn wir haben schon Pläne, wo es nach unserer Reise auf dem afrikanischen Kontinent hingehen soll. So fahren wir also nur eine schnelle, kurze Runde durch Botswana, ehe wir zurück nach Südafrika reisen werden. Von dort organisieren wir unseren Flug und den Transport der Motorräder.
Eine Sache wollen wir uns in Botswana aber auf gar keinen Fall entgehen lassen: Den Besuch auf dem Campingplatz “Elephant Sands” bei Nata im Norden des Landes. Dieses Camp ist trotz seinem Tierreichtum nicht in einem Nationalpark gelegen, sondern nur zwei Kilometer direkt neben der Hauptstraße. Das Restaurant, der Zeltplatz und die kleinen Hüttchen sind um ein Wasserloch angelegt, an das die Elefanten zum Trinken kommen. Zäune? Fehlanzeige. Hier lebt man Auge in Auge mit den Dickhäutern. Ganz kurz bevor die Sonne untergeht, erreichen wir gerade noch rechtzeitig die Einfahrt zum Camp. Die Zeit der Elefanten hat schon begonnen: Nachmittags und abends sind besonders viele von ihnen in Richtung Wasserloch unterwegs. Die letzten zwei Kilometer sind Sandpiste, da will man keinem dieser Riesen begegnen und womöglich vor schreck noch beim Anhalten mitsamt Motorrad im Sand landen. Bei unserer Ankunft trinken bereits etliche Elefanten am Wasserloch. Mit dem letzten Licht bauen wir unser Zelt auf, immer mit einem Auge in Richtung Wasserloch schielend, um sicher zu gehen, dass die Elefanten noch in ausreichender Entfernung stehen. Den ganzen Abend verbringen wir auf der Terrasse des Restaurants und beobachten die Tiere.
Immer mehr kommen aus der Steppe getrottet, um zu trinken. Ganze Familien tummeln sich um das Wasserloch. Alte Bullen, kampflustige Jungbullen, Elefantenkühe mit ihren Babys. Ein beeindruckendes Erlebnis! So dicht waren wir den Dickhäutern noch nie. Ich könnte ihnen stundenlang zusehen. Am nächsten Morgen sind sie alle verschwunden. Wie gut, dass sich keiner von ihnen für unser Zelt interessiert hat. Aber so lange man nichts zu essen im Zelt hat, ist man für die Elefanten uninteressant. Sicherheitshalber haben wir all unsere Vorräte im Kühlschrank des Restaurants sicher verstaut. Wir sind von diesem schönen Ort so begeistert, dass wir beschließen noch einen Tag zu bleiben. Ab elf Uhr morgens geht das Schauspiel wieder von vorne los. Ein Elefant nach dem anderen kommt aus der Steppe getrabt, trinkt, badet, trötet fröhlich vor sich hin und verschwindet wieder. Die kleinen Machtkämpfe der stürmischen Jungbullen sind besonders spannend mit anzusehen. Sobald einer der Alten um die Ecke kommt, sind die Spielchen aber schnell vorbei und jeder schaut ganz unschuldig aus der Wäsche. So manch einer kommt während des Nachmittags unserem Zelt doch ganz schön nahe, bleibt davor stehen und fängt an mit seinem Rüssel daran so schnüffeln. Auch die Motorräder lässt er dabei nicht aus. Auf der Wiese sitzend und den Atem anhaltend beobachten wir das Ganze. Nach einiger Zeit wird unser Hab und Gut aber scheinbar als langweilig eingestuft. Langsam und gemütlich wird wieder hinaus in die Steppe gelaufen. Ich könnte zwei Wochen hier auf diesem herrlichen Platz verbringen, aber die Straße ruft wieder. Wir wollen weiter. So verabschieden wir uns von den großen Grauen, schwingen uns auf die Motorräder und fahren Richtung Westen nach Maun.


Während wir auf unserem Weg Richtung Maun noch viele Elefanten, Giraffen, Warzenschweine und unzählige Vögel sehen, wird es anschließend auf unserem Weg nach Süden ziemlich karg. Die Straße geht kerzengeradeaus, die Luft flimmert, der Schweiß tropft nur so aus dem Helm, das Gras verändert langsam seine Farbe von grün zu gelb. Wir fahren durch die Kalahari Wüste. Von der Straße aus gibt es nicht mehr viel zu sehen. Mit den Motorrädern dürfen wir aber all die Nationalparks entlang unserer Route nicht befahren und vorgebuchte Touren sind erstens zu teuer und zweitens nicht unser Ding. Wir fahren also sehr zügig Richtung Gaborone, der Hauptstadt Botswanas. Da wir von Südwesten kommen, müssen wir allerdings nicht in die Stadt. Großstädte mögen wir sowieso nicht gern und deshalb beschließen wir kurzerhand nach nur fünf Tagen Aufenthalt in Botswana die Grenze nach Südafrika zu überqueren. Weil wir ja bereits zwei Mal nach Südafrika eingereist sind und jedes Mal bei Einreise einen Covid Schnelltest an der Grenze machen konnten, gehen wir natürlich davon aus, dass das auch dieses Mal der Fall sein wird. Ich habe mich vorher extra noch belesen und herausgefunden, dass Südafrika auch weiterhin Schnelltests akzeptiert. Bei Ausreise in Botswana geht auch alles zügig und einfach, die Stempel sind in den Pässen. Auf der südafrikanischen Seite hängen wir dann aber beim Gesundheitsamt fest. Wir bräuchten einen PCR Test! Als wir der Dame erklären, dass Südafrika aber auch Schnelltests akzeptiert, sagt sie nur, dass sie hier an dieser Grenze keine Test Möglichkeiten dafür hätten. Alles Diskutieren hilft nichts, sie lässt uns nicht passieren und wir müssen schließlich umdrehen. Sie gibt uns noch die Information mit auf den Weg, dass wir einen Schnelltest an der Grenze weiter südlich machen könnten, dort hätten sie eine Test Station. Wir reisen also wieder in Botswana ein, was kein Problem ist, da man hier ja die Impfung akzeptiert und fahren die 40 Kilometer bis zur anderen Grenze. Dort werden wir in Botswana erneut ausgestempelt, um dann auf der südafrikanischen Seite vor demselben Schlamassel zu stehen: „Wo ist denn Ihr Covid Test??“ Wir erklären den Beamten, dass uns soeben an der anderen Grenze erklärt wurde, dass wir hier einen Schnelltest machen können. Wieder entbrennt eine Diskussion. Spannend allerdings diesmal, die Beamten diskutieren auch untereinander. Eine der Damen möchte uns helfen und sagt wir können einen Schnelltest machen. Ein anderer Beamter fällt ihr ins Wort, wechselt zur Stammessprache und wir verstehen nichts mehr. Irgendwann meint er, wieder auf Englisch, er könnte uns leider nicht helfen, wir wären ja internationale Reisende, die könnten keinen Schnelltest machen, die bräuchten einen PCR Test, der nicht älter als 72 Stunden sein darf. Daran lässt sich nichts rütteln, der Herr hat scheinbar einen schlechten Tag und lässt nicht mit sich reden. Ein LKW fahrer der kurz vor uns durchgewunken wird erklärt uns sein PCR Test gelte dreißig Tage, da seine Spedition einen Deal mit dem Gesundheitsamt hat. Der Dame vom Amt tut es sichtlich leid. Josh hat nun auch einen schlechten Tag, will aus Wut einfach so ohne jeglichen Stempel über die Grenze fahren und ich habe meine liebe Not, die Situation irgendwie zu retten. Nachdem sich alle wieder etwas beruhigt haben, fahren wir schließlich zum zweiten Mal zurück und reisen erneut in Botswana ein. Wir haben an diesem Tag vier Stunden an der Grenze verbracht, um uns am späten Nachmittag immer noch im selben Land zu befinden. Wenig erfolgreich, würde ich sagen. Als Erinnerung dieses Hick Hack haben wir jetzt in unseren Pässen jede Menge Stempel von Botswana. Entmutigt, genervt und mit leeren Bäuchen suchen wir unter einem der wenigen Bäume am Straßenrand Schatten und einen klaren Kopf. Was machen wir jetzt? Es ist schon spät und wir haben keine Ahnung, wo wir jetzt noch hinfahren könnten. Da fällt Josh ein, dass er von unserem Freund Rudi ja einen Kontakt in Gaborone hat. Dort wohnt Matthias, ein Freund von Rudi. Der geht auch gleich ans Telefon. Wir berichten ihm von unserem erfolglosen Tag. Matthias sagt, wir könnten gerne zu ihm kommen, um uns zu erholen. Aber wir haben bereits über 500 Kilometer zurück gelegt, es ist schon Nachmittag und weitere 150 Kilometer würden wir heute nicht mehr schaffen. Das versteht er natürlich und gibt uns die Nummer von einem weiteren Freund: Gerhard. Gerhard wohnt in Lobatse, einem kleinen Ort nur 20 Kilometer von uns entfernt. „Der kommt aus Deutschland und reist genauso gerne wie ihr, der nimmt euch bestimmt auf heute Nacht!“, sind Matthias Worte. So ist es dann auch, als Josh Gerhard anruft. Wir können sehr gerne vorbeikommen. Als hätten wir heute nicht schon genug Kontakt zu Polizei und Behörden gehabt, werden wir eine Minute nachdem wir von unserem Schatten spendenden Baum wieder auf die Straße gefahren sind, von einem Streifenwagen angehalten. Zwei Polizisten springen ganz aufgeregt heraus und wollen unsere Pässe sehen. Als sie unsere Einreisestempel sehen, beruhigen sie sich wieder. Sie haben uns von dem Baum über die Wiese auf die Straße fahren sehen und dachten doch tatsächlich, wir wären illegal über die grüne Grenze nach Botswana gekommen! Immerhin sind sie nett und wünschen uns noch einen schönen Aufenthalt in Botswana. Was für ein Tag…
Wir fahren an den Ortseingang von Lobatse, wo Gerhard uns am einzigen Kreisel abholt. Ich muss sagen, ich hätte in diesem Moment nicht mit einem solchen Elan gerechnet als Gerhard aus dem Auto steigt. Er steckt voller Energie, hört sich kurz unsere Geschichte an und macht dann einen Plan. Zuerst fährt er mit uns zu einem Covid Testzentrum, wo wir schließlich unseren PCR machen. Das geht hier Gott sei Dank einfach und schnell von Statten. Wieder 120€ weg für einen blöden Zettel. Das ist hier der halbe Monatsverdienst eines Lehrers. So oberflächlich wie das Stäbchen meine Nase streift ist das Ergebnis ohnehin nichtssagend. Anschließend nimmt Gerhard uns mit in „Die Bar“. Es ist ein kleiner Biergarten, den er selbständig entworfen und mit vielen Helfern aus dem Dorf gebaut hat. Man erkennt eindeutig das deutsche Handwerk. Es ist sehr gemütlich und mit Liebe angelegt. Als Gerhard erfährt, dass ich im Kindergarten arbeite, muss ich ihm gleich erstmal ein paar Tipps für den Bauplan des Spielplatzes geben. Über meine Idee einen Röhren Spielplatz zu machen, nachdem ich die übrig gebliebenen Drainagerohre sehe, freut er sich sehr und will sie direkt umsetzen. Nach einem kalten Getränk fahren wir schließlich zu seinem Haus nebenan, wo wir diese Nacht im Gästezimmer schlafen können. Abends sitzen wir beim Abendessen und noch lange danach zusammen und tauschen Geschichten aus. Gerhard kam vor über dreißig Jahren nach der Uni über den DED (Deutscher Entwicklungsdienst, heute GIZ) nach Botswana. Neun Jahre lang hat er in Projekten der Wasserversorgung in Botswana gearbeitet. Danach wollte er aber nicht mehr zurück nach Deutschland. Er hat sich dann nach und nach ein eigenes Geschäft aufgebaut, eine Farm gekauft und Familie gegründet. Auf den Ländern der Farm hat er sein eigenes Haus gebaut und mehrere kleine Häuser für seine Mitarbeiter. Zu seinen drei Söhnen hat er guten Kontakt, alle wohnen in der Nähe und man hilft sich gegenseitig. Trotz seines hohen Alters hat Gerard immer noch Elan neue Projekte umzusetzen, wie jüngst den Bau des Biergartens. Auch das Reisen vernachlässigt er nicht. Mittlerweile hat er in Deutschland neu geheiratet und verbringt den Sommer dort. Kürzlich war er erst in Mosambik und der nächste Urlaub soll nach Sambia gehen. Wie schön es doch ist, sich auch im fortgeschrittenen Alter nicht aufhalten zu lassen und weiterhin die Welt zu entdecken! Davor ziehen wir unseren Hut! Gerhard hat uns nach unserem tristen Tag und dem enttäuschenden Ergebnis an der Grenze an diesen Abend ein Dach über dem Kopf gegeben und mit seiner heiteren Art wieder ein Lachen auf unsere Gesichter gezaubert. So ist es oft auf Reisen: Wo sich Türen schließen, öffnen sich neue.
Am nächsten Morgen verabschieden wir uns von Gerhard. Ich bin sicher, ihn werden wir noch einmal irgendwo auf dieser Welt treffen. „Wenn sie euch nicht drüber lassen, kommt ihr einfach wieder hierher!“, ruft er uns noch hinterher. Mit dem frisch ausgedruckten Covid Testergebnis dürfte der Grenzübertritt allerdings diesmal kein Problem werden. Ein anderes Mal kommen wir sehr gerne wieder!